Open Call »Design als Intervention« | Neuwerk Magazin für Designwissenschaften

Es gibt einen Call für Beiträge zur neuen Ausgabe des Neuwerk Magazin für Designwissenschaften mit dem Titel »Design als Intervention«. Einreichung bis zum 05.02.25

Design als Intervention

Der Interventionsbegriff lässt sich bereits im 3. Jahrhundert im juristischen Kontext nachweisen.[01] Im 17. Jahrhundert wurde Intervention im fran­­zösischen Sprachraum dann im Zusammenhang mit militärischen Auseinandersetzungen erst­mals prominent genutzt.[02] Im Ringen um Macht und Einfluss in Europa und im Zuge kolonialer Besitznahme und Unterwerfung wurde der Begriff im 19. und 20. Jahrhundert zunehmend politisiert.[03] Ab den 1980er Jahren eignen politische Akteur:innen sich den Begriff an, als Bezeichnung  für widerständige Aktionen und als Ausdruck von Selbstbestimmung.  Von hier aus fand die  Intervention langsam ihren Weg ins Design, wo sie seither Konjunktur hat.[04 ]

Das gezielte Intervenieren in vorhandene Systeme wurde als Werkzeug des Eingreifens mit utopischem Potential gedacht.[05] Die sozialen, kulturellen, urbanen, technologischen, politi­sch­en, epistemischen und ökologischen Facetten dieses Eingreifens eröffneten Gestalter:innen neue Handlungsmöglichkeiten. Angesichts der sich langsam durchsetzenden Überzeugung, dass Gestaltung immer auch Schaden produziert,[06] bot die Intervention als Methode Gestaltenden die Möglichkeit, eine positiv verstandene Deutungshoheit über ihr eigenes Tun zurückzuerlangen. Ein Refugium für die hochmotivierten Designer:innen bzw. Interventionist:innen sollte seinerzeit das „mehr oder minder fiktive“ Institut für urbane Intervention (IUI) bieten, das im Kontext des Forschungsprojekts „Urbane Inter­ventionen“[07] erdacht wurde.

Dieses Institut sollte ein Ort für Idealist:innen sein, welche die Welt verbessern wollen und hier nicht belächelt, sondern für ihren Idealismus gefördert und geschätzt werden. Hier als auch in mehreren Publikationen[08] wirft der im Kontext des Forschungsprojekts eher unkritisch bejubelte ästhetische Zugriff in andere Lebensrealitäten Fragen nach einer Überheblichkeit des Designs auf, wenn er im großmaßstäblichen Modus der „Weltverbesserung“ operiert. Demgegenüber steht eine machtkritische Betrachtung von Design, die seine Position in gesellschaftlichen Hierarchien reflektiert. Muss man dann nicht zum Schluss kommen, dass eine „radikale Intervention unwahrscheinlich sei“?[09]  [Übers. d. Verf.]

Design, gepaart mit dem Begriff der Intervention, oszilliert zwischen den Polen Weltverbesserung und Selbstkritik. Was ist also aus ihr geworden, der großen Utopie des Systemwechsels durch den einen geschickt platzierten, „kleinstmöglichen[10] oder „umfassenden[11] Eingriff? Diese und weitere, oft ambivalente Perspektiven auf den Mythos Intervention möchten wir in der 12. Ausgabe des Neuwerk Magazins für Designwissenschaften diskutieren.

Eine Kategorisierung dieser Perspektiven offenbart bereits jetzt verschiedene Fragen, die wir exemplarisch vier Dimensionen zuordnen:

Die soziopolitische Dimension umfasst die Gestalt und Basis interventionistischen Handelns:

  • Ist interventionistisches Handeln zwangsläu­fig invasiv und wann wird das zum Problem?
  • Wann überhebt sich eine Intervention und wann ist eine Intervention überheblich?
  • Wann ist Intervention eine Pflicht?

 

Gleichzeitig konzentriert sich die künstlerisch-gestalterische Dimension auf den Bezug zum Design:

  • Wann und wie wurde der Begriff das erste Mal auch in einem gestalterischen Kontext verwendet?
  • In welchen gestalterischen Kontexten wurde und wird der Begriff verwendet?
  • Wann wird die Intervention zu einem zu antizipierenden Schritt in einer Art „Playbook des Protests“?
  • Wann ist eine Intervention wirklich wirksam und wann ist sie bloß ein sich selbst bestätigender, performativer Widerstand?

 

Die epistemische Dimension reflektiert und benennt das Wissen, das benötigt wird, in das hinein gearbeitet wird oder das durch die Intervention hervorgebracht wird:

  • Wie sehr muss ich von meiner Wissensrealität, meiner „epistemischen Souveränität“[12]  überzeugt sein, um zum Mittel der Intervention zu greifen?
  • Ist die gestalterische Intervention ein legitimes Mittel zu… ja zu was eigentlich?

 

Die konsequenziale Dimension formuliert schließlich Fragen zu möglichen Folgen inter­ventionistischer Tätigkeit:

  • Was geschieht nach der Intervention?
  • Wer kümmert sich um das, was bleibt?
  • Leben wir in post-interventionistischen Zeiten?
  • Ist die Intervention noch legitim oder vielleicht sogar wieder legitim?

 

Wir begrüßen insbesondere Einreichungen, die sich aus intersektionaler und/oder marginalisierter Perspektive dem Thema annähern. Uns ist es wichtig, mit dem Magazin einen Raum für das Aufeinandertreffen verschiedener Wissenspraktiken zu eröffnen.

Wir wollen dabei zunächst keine Formate vor­geben und freuen uns über Einsendungen nichtwissenschaftlicher wie wissenschaftlicher Texte, Foto­strecken, Filme, Gedichte, Skizzen und weiterem.

 

Einreichungen von Abstracts, bzw. Kurzbeschreibungen (und ggf. Arbeitsproben bei künstlerisch-gestalterischen Arbeiten) bitte bis 05.02.25 an .

  • Rückmeldung zum 15.02.2025 mit Bitte zur Ausarbeitung der Beiträge
  • Einreichung des Beitrags bis 01.05.2025
  • Veröffentlichung des Neuwerk 12 im Spätsommer/Herbst 2025
  • Fragen ebenfalls an:

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